Der grüne Kobold

Diesen Lidstrich über den Doppelscheinwerfern kennt jeder, der Oldtimer schätzt – frech wie ein Kobold schaut der Montreal auf die Strasse. Erst recht in Grün. Text Ulrich Safferling | Fotos […]

Diesen Lidstrich über den Doppelscheinwerfern kennt jeder, der Oldtimer schätzt – frech wie ein Kobold schaut der Montreal auf die Strasse. Erst recht in Grün.

Text Ulrich Safferling | Fotos Christian Egelmair

Montreal ist die zweitgrösste Stadt Kanadas. Ein venezianischer Kartograf machte aus dem französischen «Mont Royal» den Namen «Monte Real», aus dem schlussendlich der Name wurde, unter dem Oldtimer-Enthusiasten den gleichnamigen Alfa Romeo kennen. Montreal, das gleitet weich über die Zunge, und hätten die Organisatoren der Montrealer Weltausstellung von 1967 nicht in Mailand angerufen, dann hätte es den Alfa Montreal vermutlich nie gegeben. Zum Thema «Der Mensch und seine Welt» sollte auf der Ausstellung ein modernes Konzeptfahrzeug ausgestellt werden. Alfa dürfte sich geschmeichelt gefühlt haben, dort als Stellvertreter der ganzen Automobilbranche aufzutrumpfen. Entsprechend hoch hing die Messlatte, und so ging Alfa nach Turin zum Designstudio Bertone. Dort hatte Giorgetto Giugiaro bis 1965 viele schöne Alfa-Modelle gezeichnet, doch jetzt war dort ein neuer Stern aufgegangen, der von Marcello Gandini. Der hatte 1966 mit dem Lamborghini Miura sein erstes Meisterstück abgeliefert.

Der Miura war der erste Vertreter des Keil-Designs, das im Lancia Stratos gipfeln sollte. Doch 1967 zeichnete Gandini mit dem Montreal einen modernen, aber nicht zu radikalen Sportwagen. Die Linienführung ist nicht kantig, sondern geschwungen, was dem keilförmigen Grundkonzept ein sympathisches Äusseres verleiht. Der neue Stil sah für die späten 1960er-Jahre so erfrischend aus, dass der Zweisitzer in Montreal für Aufsehen sorgte. Durch den Verzicht auf Fenster hinter den Türen verschmolzen B- und C-Säule miteinander, und die Lüftungsschlitze des angedeuteten Mittelmotors kamen perfekt zur Geltung.

Doch bevor der Montreal am 28. April 1967 zur Eröffnung der Weltausstellung auf die Bühne rollen kann, muss er erst einmal gebaut werden. Dafür blieben nur wenige Wochen Zeit. Es war insofern unausweichlich, dass kein funktionstüchtiges Modell, sondern nur ein Showfahrzeug gebaut werden konnte. Als Basis diente ein Giulia-Chassis, das schon für verschiedene Derivate herhalten musste. Das bedeutete, dass der Motor vorne steckte, obwohl das Design mit den Schlitzen in der C-Säule etwas anderes suggerierte. Und sich Gandini offenbar etwas anderes gewünscht hatte oder einer Vorgabe gefolgt war. Die Motorhaube blieb also tunlichst geschlossen, um den 1600er mit den 106 PS zu verbergen. Immerhin waren die zwei weissen Montreal-Showcars roll- und fahrfähig. Auf dem Expo-Gelände werden sie so zwischen Spiegeln platziert, dass sie optisch bis ins Unendliche vervielfacht wirken. Die Reaktion der täglich bis zu 500’000 Besucher auf den Gran Turismo ist überwältigend. So erhalten die zunächst namenlosen, weiss lackierten Prototypen die inoffizielle Bezeichnung Montreal. Mit jedem Tag erhält Alfa Romeo mehr Anfragen aus Nordamerika und dem Rest der Welt, den Expo-Blickfänger zur Serienreife weiterzuentwickeln.

Den vollständigen Artikel finden Sie in unserem Magazin.